ADHS und ADS bei Erwachsenen
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) und ADS (Aufmerksamkeitsdefizitstörung ohne Hyperaktivität) sind Begriffe, die viele Menschen primär mit Kindern in Verbindung bringen. Doch was passiert, wenn diese Kinder erwachsen werden? Viele Erwachsene leben unerkannt mit ADHS oder ADS, was erheblichen Einfluss auf ihre Lebensqualität, ihre berufliche Leistung und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen haben kann.
Ein Leben mit ADHS/ADS: Mehr als nur „Zappelphilipp“
ADHS/ADS ist kein Phänomen, das sich nur in der Kindheit und Jugend zeigt. Auch wenn die Diagnose häufig in der Kindheit gestellt wird, sind die Symptome bei vielen Betroffenen auch im Erwachsenenalter noch präsent. Die Symptome äußern sich oft subtiler, sind aber dennoch allgegenwärtig und können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
Konzentrationsprobleme: Eine der häufigsten Herausforderungen für Erwachsene mit ADHS/ADS ist die Schwierigkeit, sich über längere Zeiträume auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Dies kann sich in ständiger Ablenkbarkeit, dem Gefühl der Überforderung oder Schwierigkeiten bei der Organisation von Arbeitsabläufen zeigen.
Impulsivität: Unüberlegte Entscheidungen oder spontane Aktionen, die manchmal negative Folgen haben, können das tägliche Leben eines Erwachsenen mit ADHS/ADS erheblich beeinflussen. Diese Impulsivität kann sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext, z.B. in Beziehungen, zu Problemen führen.
Innere Unruhe: Während Hyperaktivität bei Kindern oft physisch sichtbar ist, äußert sich diese bei Erwachsenen häufig als innere Unruhe oder ein ständiges „Gedankenkarussell“. Dieses kann das Einschlafen erschweren und das allgemeine Wohlbefinden beeinträchtigen.
Geringes Selbstwertgefühl: Aufgrund ihrer Schwierigkeiten leiden Erwachsene mit AD(H)S häufig unter einem geringem Selbstwertgefühl.
ADHS/ADS bei Frauen: Ein besonders wichtiger Aspekt, der häufig übersehen wird, ist die unterschiedliche Ausprägung von ADHS/ADS bei Frauen. Frauen neigen vermehrt dazu, ihre Symptome besser zu kompensieren und zeigen oft weniger offensichtliche Symptome der Hyperaktivität, was dazu führt, dass ihre Schwierigkeiten oft nicht erkannt werden. Statt äußerer Unruhe erleben viele Frauen eine innere Unruhe und chronische Überforderung, die sich in Form von emotionaler Instabilität, häufigem Stress und Schwierigkeiten bei der Selbstorganisation äußern können. Diese subtile Form von ADHS/ADS kann dazu führen, dass Frauen übersehen oder falsch diagnostiziert werden, was ihre Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann.
Indem wir die verschiedenen Ausprägungen von ADHS/ADS anerkennen und verstehen, schaffen wir die Grundlage für eine fundierte Diagnostik und gezielte Unterstützung. Unser Ziel ist es, Ihnen durch eine sorgfältige und einfühlsame Diagnostik Klarheit zu verschaffen, damit Sie mit Zuversicht den nächsten Schritt in Richtung gezielter Unterstützung gehen können.
Die Bedeutung einer fundierten Diagnose
Viele Erwachsene, die unter den oben beschriebenen Symptomen leiden, ahnen oft nicht, dass eine ADHS oder ADS dahinterstecken könnte. Häufig haben sie gelernt, mit ihren Schwierigkeiten zu leben, ohne sich der Ursache bewusst zu sein. Eine fundierte Diagnose kann in solchen Fällen einen bedeutsamen Wendepunkt darstellen.
Durch eine gezielte Diagnostik, die wissenschaftlich fundierte Fragebögen und diagnostische Interviews umfasst, lässt sich feststellen, ob ADHS/ADS tatsächlich bei Ihnen vorliegt. Eine Diagnose soll hierbei keine Etikettierung darstellen– sie kann viel mehr der Schlüssel zu einem besseren Verständnis der eigenen Verhaltensweisen und zu einem effektiveren Umgang mit den Herausforderungen des Alltags sein.
Neurodiversität und ADHS/ADS
Neurodiversität erkennt die natürliche Variation neurologischer Funktionen und Verhaltensweisen als Teil der menschlichen Vielfalt an. ADHS/ADS ist keine Erkrankung oder Störung, sondern ein Ausdruck einzigartiger neurologischer Profile, die ihre eigenen Stärken und Herausforderungen mit sich bringen.
Menschen mit ADHS/ADS zeigen häufig außergewöhnliche Kreativität, die Fähigkeit, flexibel zu denken, und eine besondere Sensibilität für Details. Diese Eigenschaften können in den richtigen Kontexten von großem Wert sein und tragen zur Vielfalt der menschlichen Intelligenz bei. Indem wir ADHS/ADS im Rahmen der Neurodiversität betrachten, erkennen wir die einzigartigen Stärken und Talente der Betroffenen an und schaffen eine unterstützende Umgebung, die ihre individuellen Fähigkeiten fördert.
Behandlungsmöglichkeiten und Unterstützung
Die Diagnose ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem besseren Leben. Mit der richtigen Unterstützung können Erwachsene mit ADHS/ADS lernen, ihre Symptome zu managen und ihre Stärken besser zu nutzen. Dies kann durch verschiedene Ansätze geschehen, wie etwa:
Psychoedukation: Das Verstehen der eigenen Symptome und deren Auswirkungen auf das tägliche Leben ist von zentraler Bedeutung. Wissen über ADHS/ADS gibt Betroffenen die Möglichkeit, Strategien zu entwickeln, um ihre Herausforderungen besser zu meistern.
Verhaltenstherapie: Diese Therapieform kann helfen, impulsives Verhalten zu kontrollieren, die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern und die Organisation des Alltags zu erleichtern.
Medikamentöse Behandlung: Eine medikamentöse Behandlung ist häufig sinnvoll, um die Symptome zu lindern und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Hier ist es bedeutsam, die Wahl und Dosierung der Medikation mit einer*m Fachärzt*in zu besprechen und sich durch diese begleiten zu lassen.
Strategien für das Selbstmanagement: Die Erarbeitung von Methoden zur besseren Organisation und Zeitplanung kann wesentlich zur Steigerung der Lebensqualität beitragen.
Unterstützung durch das soziale Umfeld: Familie und Freunde sind oft entscheidend, indem sie Verständnis zeigen und unterstützend zur Seite stehen.
Anpassungen im Lebensstil: Ein gesunder Lebensstil mit ausreichend Schlaf, regelmäßiger körperlicher Aktivität und ausgewogener Ernährung kann helfen, die Symptome zu mildern.